In Horstmanns Büchern fährt man mit Vorliebe Auto. Unfälle inklusive. Ausgedörrte Felder mit langen Reihen halbvertrockneter Pflanzen. Wir fuhren genau auf die Sonne zu. „Verflucht heiß“, sagte Stainer. Der Asphalt glitzerte wie die Wasseroberfläche eines schnurgeraden Kanals. Immer wenn der Wagen einige leichte Querrinnen passierte, schaukelte er sacht wie ein schwerfälliges Boot. Ich lehnte […]
Teils aus einem auf den Kopf gestellten Darwinismus hervorgegangener, teils am Habitus früher Ethnien geschulter Topos der Dezivilisierung und Unterschreitung des kulturellen „Niveaus“. Mit der einsetzenden Dunkelheit nimmt die Verwandlung ihren Anfang. In den Ecken zuerst, im Schatten der Aktenschränke, unter den Füßen. Aber dann ist es schon überall. Lautlos schiebt sich der nackte […]
„Man verkommt unmerklich, wenn man älter wird.“ – Nach dem kollektiven rückt verstärkt der eigene Verfall in den Blick. In den Knochen die Paläoanthropologie. Die Sammler und Jäger krepierten, wie man hört, mit Fünfundzwanzig, Sechsundzwanzig, Siebenundzwanzig. Ein Methusalem, der die Dreißig überschritt. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Irgendwann im dritten Jahrzehnt erfolgt […]
Schreibverbote, literarische Exkommunikationen und Strategien des Verzichts – durchexerziert am eigenen Leib. Ulrich Horstmann (1949-2004) war ein Schwarzarbeiter und stiller Störenfried des deutschen Literaturbetriebs. „Das Untier“, für das er den Kleist-Preis erhielt, ist seine nachdrücklichste Visitenkarte. (Klappentext zu „Das Untier“. Warendorf 2004.) * * * Trauen Sie Ihren Ohren nicht! Was hier so miles […]
Auf den Spuren der literarischen Kunstfigur Klaus Steintal, die als Zombie und Untoter Horstmanns Schriften durchgeistert Ich wollte mich davonmachen, aber Gopul war zu einem großen Stein geworden, der rollte auf meine Beine. In meinem Hirn versteinerten die Gänge. Aus: Klaus Steintal (Pseud.). „Er starb aus freiem Entschluß“. Ein Schriftwechsel mit Nekropolis. Obertshausen 1976. […]
Doppelgänger – mal als Figuren lustvoller Ich-Entgrenzung, mal nicht von dieser Welt Der Rückzug aus dem schlafenden Körper in die äußerste Ecke des Schädels, unter dem dieses störrische Hirn wie jede Nacht seinen Hexensabbat abhielt – delirierend, fusionierend, sich entladend – vollkommen unbezähmbar. Das war keine Rehabilitationsmaßnahme, das war Folter. Womit hatte es das […]
Von der anthropofugalen Poesie zur Beinahe-Katastrophe Im Jahre 217 nach der von den Überlebenden „GROSSE VEREINFACHUNG“ genannten nuklearen Katastrophe publiziert der Hofdichter Alraych einen alten Text mit dem Titel DIES CANIS CEREBRALIS oder HIRNHUNDSTAGE. Dieser Text soll nach seinen Ausführungen aus den 70er Jahren unseres Jahrhunderts stammen, ist uns allerdings in eben der Alraych-Ausgabe […]
Visionen eines befriedeten, ergo „vermondeten“ Planeten VERSONNEN auf feinädrigen blättern kugelt der tau in den tropfen gebrochenes sich vertausendes licht SONNENAUFGANG von den rippen verbläst der staub ein hauch geht durch die flußtäler und rötet die steine am grund nach diesem SONNTAG ist der mond für immer zum spiegel geworden in der letzten kopernikanischen […]
Wider die Missverständnisse. Ironische Selbstkommentare und bierernste Erklärungsversuche. Wer etwas über die Vorgeschichte unserer Gattung erfahren möchte, der geht in ein Museum. Hier wird die Vergangenheit anschaulich – in Form von Schmuck und Waffen, von Panzerhemden und Bauernkitteln, von Götterstatuen und Menschenknochen. Wer etwas über die Nachgeschichte unserer Gattung wissen möchte, der ist auf […]
Vom Eindringen der Literatur in die (Literatur-)Wissenschaft Eine künftige anthropofugale Kunsttheorie wird (…) das späte 19. Jahrhundert aus seiner Randständigkeit befreien, ihm eine neue, nicht länger marginale Stellung zubilligen und (…) jene denunziativen Qualitäten abbauen, die den Begriffen „Ästhetizismus“ und „Dekadenz“ aus orthodoxem Blickwinkel immer noch anhaften. Aus: Ästhetizismus und Dekadenz. Zum Paradigmenkonflikt in […]