Frank Müller (Hg.): Jenseits der Apokalypse (2014)

Ulrich Horstmann, Jahrgang 1949, ist Literaturwissenschaftler, Philosoph und Schriftsteller. Als Polemiker und »Untier« bietet der Kleist-Preisträger des Jahres 1988 der Rezeption und Kritik bewusst große Angriffsflächen – auf jeden Fall aber mannigfache Ansatzpunkte für eine produktive Rezeption. Der vorliegende Band eröffnet hier neue Perspektiven, indem er neben der Philosophiekritik philosophisch-literarische Lesarten zum Zuge kommen lässt. Im Mittelpunkt steht das Werk eines Autors, für den die Momente der Ambivalenz und des Selbstwiderspruchs konstitutiv sind: Hier sind Horstmanns Romane, Essays und Theaterstücke zu verorten, und von hier aus ergeben sich innovative (Denk-)Anstöße für die wissenschaftliche ebenso wie für die künstlerische Auseinandersetzung.

Aisthesis Verlag, Bielefeld 2014.
(Veröffentlichung der Literaturkommission für Westfalen)


Inhalt

  • FRANK MÜLLER
    Vorwort
  • WOLFGANG SCHRÖDER
    Negation und Konsequenz: Zur Artistik Ulrich Horstmanns
  • WOLFGANG SCHRÖDER
    Menschenzoo und Menschenleere: Wahrnehmungen der Katastrophe in Ulrich Horstmanns Theater
  • BERNHARD KRALLER ET AL.
    How Mr. Horstmann Meets Himself
  • BERNHARD KRALLER
    Der phantasierte Dichterphilosoph: Einige Überlegungen zu »How Mr. Horstmann Meets Himself«
  • GÜNTER KUNERT
    Naturgeschichte (Gedicht für Ulrich Horstmann)
  • ROLF LÖCHEL
    Männer, Frauen und andere Aliens: Gender in Ulrich Horstmanns Science Fiction-Roman Das Glück von Omb’assa
  • FRANK STÜCKEMANN
    Gegen den Strich gelesen: Die Bibliothek des Esseintes
  • WINFRIED H. MÜLLER-SEYFARTH
    »Kein unpersönliches Ideenmedium«: Über Ulrich Horstmanns Fund einer philosophischen Flaschenpost
  • MARTIN ARNDT
    Ulrich Horstmann – Vernunft und Erleben: Gedanken eines Noch-Theologen aus dem Jahre 69 n. H.
  • WALTER GÖDDEN
    »… dass ich nicht der Einzige bin, der sich hier als Alien vorkommt«: Ein Interview mit Ulrich Horstmann im Rahmen des Video-Projekts Ich schreibe, weil …
  • FRANK MÜLLER
    »Letzte Runde vor dem Aus-Gießen«: Über die Schwierigkeit, aufzuhören
  • FRANK MÜLLER
    Bibliografie zu Ulrich Horstmann
  • DIE AUTOREN


Pressestimmen

Es mag nach einem Paradoxon klingen, aber der Amerikanist, Philosoph und Literat Ulrich Horstmann ist tatsächlich in zahlreichen Textsorten zuhause und unterwegs. Wissenschaftliche Monographie, Aufsätze und Essays zählen ebenso zu seinem Œuvre wie Romane, Erzählungen, SF-Stories, Gedichte, Aphorismen, Komödien, Hörspiele und Rezensionen.

Ähnlich breit gefächert ist das Spektrum der Beiträge eines von Frank Müller unter dem Titel „Jenseits der Apokalypse“ herausgegebenen Sammelbandes zu Horstmann. Wie Müller im Vorwort erklärt, arbeiten sie „Einflüsse auf Horstmanns Denken“ heraus, „die bislang im Dunkeln lagen“, „stellen seine Arbeiten in neue Kontexte und lassen sie ‚sprechen‘. Und sie stellen Hautkontakt her mit einer engen Verbündeten von Horstmanns Gedankenkosmos, der Kunst“. Denn es wurden sowohl Beiträge wissenschaftlichen wie auch künstlerischen Charakters aufgenommen.

Wolfgang Schröder ist gleich mit zwei Texten vertreten. Zieht er in seinem ersten Beitrag „eine Entwicklungslinie von der Blütezeit des neuzeitlichen Selbstbewusstseins (Pico) über die Parodierung der Menschwerdung in der Moderne (Kafka) bis zu Horstmann“, so widmet er sich in seinem zweiten Horstmanns Theaterästhetik. Winfried H. Müller-Seyfarth untersucht die Beziehung des satirischen Propagandisten der Apokalypse zu einem Entropie-Philosophen des 19. Jahrhunderts, der unter dem Pseudonym Philip Mainländer publizierte. Martin Arndt geht hingegen Parallelen im Denken von Horstmann und dem theologisierenden Nietzsche-Amigo Franz Overbeck nach, während Rolf Löchel die Geschlechterkonstruktionen in Horstmanns satirischem SF-Roman „Das Glück von OmB’assa“ beleuchtet.

Persönlichere Bezüge zu Horstmann stellen die Beiträge von Frank Stückemann und Walter Gödden her. Stückemann bietet Einblicke in einen Briefwechsel, den er anlässlich eines literarischen Projekts mit Horstmann führte. Walter Gödden stellt die Typoskripte zweier von ihm mit Horstmann geführter Video-Interviews vor. Bernhard Kraller räsoniert anhand von Porträtfotografien darüber, „How Mr. Horstmann Meets Himself“. Der Lyriker Günter Kunert ehrt Horstmann mit einem Gedicht und der Herausgeber des Bandes berichtet von der „Schwierigkeit, aufzuhören“. Er überwindet sie, indem er den Band mit einer Bibliographie der Veröffentlichungen Horstmanns beschließt.

Rolf Löchel: Spektralanalyse – Ein von Frank Müller herausgegebener Sammelband bietet Hinweise zu Ulrich Horstmann. In: literaturkritik.de, Dez. 2014.

 * * *

Es ist Aufgabe des vorliegenden Sammelbandes, einige grundlegende Züge des Denkens und Schreibens von Ulrich Horstmann darzustellen und zu diskutieren. Dies ist in jedem Fall gelungen, denn der Band macht die formale Vielschichtigkeit (Essays, Aphorismen, Theaterstücke, Romane, Hörspiele, Gedichte, Übersetzungen, nicht zu vergessen die literaturwissenschaftlichen Studien), aber auch die (Selbst-)Widersprüchlichkeit des Werkes von Horstmann deutlich. […] Einige Beiträge sind wissenschaftliche Aufsätze, andere eher essayistische Annäherungen und Berichte über Horstmann, dazu kommen künstlerische Reflexionen anhand einer photographischen Porträtserie zu Horstmann (Bernhard Kraller) sowie ein Gedicht von Günter Kunert. […] Ein außerordentlich nützlicher Teil des Bandes, den man immer wieder zur Hand nehmen wird, ist die von Frank Müller zusammengestellte ausführliche Bibliographie zu Ulrich Horstmann […] [M]an [wird] der Literaturkommission für Westfalen dankbar sein, daß sie die vorliegende Publikation über einen westfälischen Autor ermöglichte, der mitnichten provinziell ist. Die vorliegende Sammlung wird der Inkommensurabilität Horstmanns insofern gerecht, als er die Irritation, die von dessen Werk ausgeht, keineswegs verringert und damit neutralisierend entschärft.

Till Kinzel: [Rezension zu Frank Müller (Hg.): Jenseits der Apokalypse. Bielefeld 2015.], in: Informationsmittel (IFB). Digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und Wissenschaft, Rez. IFB 15-1, Jan. 2015. Vollständige Rezension als PDF