Gedicht „Mersey“ (2018)
Mersey
Für tausend Nadeln eine aufgelegt,
und „Wild Thing“ dreht und wendet
mich mühelos in seinen Fängen.
Niemand entkommt den Troggs
und seiner Sozialisation.
Silvester hat den Kanal voll
mit Popgrößen der Sechziger.
Und auf der maroden Fähre
schippern Gerry and the Pacemakers
– Life goes on day after day
Hearts torn in every way –
seit mehr als einem halben Jahrhundert
uns Wiedergänger und Weißt-du-nochs
über die englische Wupper.
Die eingespielte Konserve stampft und scheppert
in alter Frische; von den Gruppen aber
zappeln allenfalls noch Lead-Gitarrist oder Sänger,
denen DJ und Dorian Gray
längst Jacke wie Hose sein müßten,
ihrem alten Top-Ten-Image hinterher.
Eine taktvolle Bildregie verschont sie
mit der Halbtotalen. „Hide away“
stecken uns Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick and Tich.
Dann hämmern die Equals ihre Sargnägel ein.
Ulrich Horstmann: Mersey, in: Walter Gödden (Hg.), Mein 1968. Alte Erinnerungen – neue Texte (Katalog zur Austellung im Museum für Westfälische Literatur, Haus Nottbeck). Bielefeld: Aisthesis 2018, S. 56.