Mainländer durch Schopenhauer oder Der Batz(en) als quasi-stellares Objekt. (2016)

Wir feiern einen Untoten und Widergänger. Denn Philipp Batz, der sich vor einhundertvierzig Jah­ren mit Hilfe eines Stricks vom Leben zum Tode beförderte, hört nicht auf, uns als Philipp Mainlän­der zu umgarnen und zu bestricken. Und das Häuflein der Schaulustigen, die sich im April 1876 vor dem Unglückshaus in Offenbach versammelten, überbietet er zu seinem einhundertfünfundsiebzigs­ten Geburtstag in der nämlichen Stadt und mit links durch einen, durch unseren akademischen Auf­lauf zu seinen Ehren.

Einen solchen Irrwisch und Proteus – mit vierunddreißig unter der Erde und knapp anderthalb Jahrhunderts später quicklebendig und weltläufig zurück – muß man, wie Sie mir zugeben werden, erkennungsdienstlich behandeln. Und genau das habe ich im folgenden vor. Ich bediene mich dazu des Klassifikationssystems von Mainländers Lehrer Arthur Schopenhauer, dessen Doktrin er – nicht anders als weitere Vertreter der sogenannten Schopenhauer-Schule wie Julius Bahnsen und Eduard von Hartmann – nicht epigonal nachplapperte, sondern auf den Prüfstand stellte, umschrieb und weiterentwickelte. Die Philosophie der Erlösung ist deshalb das Produkt eines Selbstdenkers im Lichtenbergschen Sinn, und eines philosophischen Autodidakten dazu, der ständig improvisieren und sich überheben mußte. Theodor Lessing nennt es in einem Atemzug „fast kindlich primitiv“ und „vielleicht das radikalste System des Pessimismus […], das die philosophische Literatur kennt.“1 Lassen Sie uns der Vitalität dieses Elementaren, einer mit unzulänglichen Mitteln festge­haltenen grundsätzlichen Einsicht, jetzt mit Hilfe der Schopenhauerschen Registratur beim Sich-nicht-unterkriegen-Lassen zusehen.

Im zweiten Band der Parerga und Paralipomena gibt es ein Kapital über „Urtheil, Kritik, Bei­fall und Ruhm“ und in Paragraph 237 führt Schopenhauer – ich kondensiere – aus:

Die Schriftsteller kann man eintheilen in Sternschnuppen, Planeten und Fixsterne. – Die Erste­ren liefern die momentanen Knalleffekte. […] Die Zweiten, also die Irr- und Wandelsterne [ha­ben nur] geborgtes Licht und eine auf ihre Bahngenossen (Zeitgenossen) beschränkte Wir­kungssphäre. […] Die Dritten allein sind unwandelbar, stehn fest am Firmament.2

In welche der drei Kategorien gehört Mainländer? War er eine Eintagsfliege, eine zeit- bzw. epochentypische Erscheinung oder ist er ein Klassiker? Die Rezeptionsgeschichte gibt ganz wider­sprüchliche Antworten, und es sieht so aus, als sei er von einer Schublade in die nächste hinüberge­wechselt und zumindest temporär mit jeder der drei Etikettierungen bedacht worden. Am Ende wird sich herausstellen, daß die Astralmetaphorik Schopenhauers erweiterungsbedürftig ist und wir Mainländer eine Himmelserscheinung zuordnen müssen, die weder ihm noch seinem Men­tor bekannt war. Doch alles der Reihe nach.

1. Der Auspowerungsphilosoph als Sternschnuppe

[Sternschnuppen] liefern die momentanen Knalleffekte: man schauet auf, ruft „siehe da!“ und auf immer sind sie verschwunden.3

Daß uns Mainländer also schnuppe sein kann, war die nicht eben selten anzutreffende Meinung der ersten Rezensenten und Kommentatoren seines 1876 erschienenen Hauptwerks. Olga Plüma­cher nimmt jedenfalls 1881 kein Blatt vor der Mund, nennt es eine „taube Nuß“ und zieht nicht ohne Süffisanz über den Propheten eines „in die Brüche gegangenen Gottes“4 her. „Nach Mainlän­der“, resümiert sie die Zumutung seines panentropischen Philosophierens, „sollen wir uns den Welt­prozeß denken, gleich einer Dampfmühle, die, indem sie mahlt, sich selbst mit vermahlt. […] Wie wir eine solche Mühle nicht construieren könnten, so unmöglich wird uns der Gedanke eines in’s absolute Nichts einmündenden Weltprocesses.“5 Mit dieser Verweigerung des auch nur tentativen Nachvollzugs als absurde Zumutung stellt sie die Weichen für ein generationenlanges Abdrängen in die Latenz, in der Mainländer, jedenfalls was den philosophischen Diskurs angeht, nur eine weg­werfende Handbewegung wert war: ein billiger „Knalleffekt“, ein Stück aus dem Himmel der Aller­klärungen abgestürzter Schlacke. Der Bogen spannt sich von Nietzsche, der den „süsslichen Virgi­nitäts-Apostel Mainländer“ bekanntlich in der Fröhlichen Wissenschaft als Juden diffamierte und unter die „Dilettanten und alten Jungfern“6 einreihte, bis zu Lütkehaus und Safranski. Für ersteren ist die Philosophie der Erlösung – jedenfalls noch 1980 – „über weite Strecken nur noch von patho­logischem Interesse“ und die Biographie Mainländers „ersichtlich nur als Krankengeschichte zu be­schreiben“7, während Rüdiger Safranski diesem scheinbar hoffnungslosen Fall in seinem 550-Sei­ten-Opus Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie kein Dutzend Zeilen opfert. Doch hinter der Phalanx der Abkanzler und philosophischen Ehrabschneider war die Verwandlung Main­länders in einen Wandelstern längst mit einigem Elan, wenn auch ohne übermäßiges Getöse, in An­griff genommen worden.

2. Kreisverkehr: Terminator auf der Planetenbahn

Die Irr- und Wandelsterne [unter den Schriftstellern] haben viel mehr Bestand. Sie glänzen, wie wohl bloß vermöge ihrer Nähe, oft heller, als die Fixsterne, und werden von Nichtkennern mit diesen verwechselt. Inzwischen müssen auch sie ihren Platz bald räumen, haben zudem nur ge­borgtes Licht und eine auf ihre Bahngenossen (Zeitgenossen) beschränkte Wirkungssphäre. Sie wandeln und wechseln: ein Umlauf von einigen Jahren Dauer ist ihre Sache.8

Wer einen Blick in die 1993 unter dem Titel „Die modernen Pessimisten als décadents“ veröf­fentlichte Textsammlung zur Rezeptionsgeschichte der Philosophie der Erlösung wirft und dazu die Bibliographie konsultiert, wird feststellen, daß die Aufwertungsanstrengungen zugunsten Mainlän­ders bis in das erste Quartal des 20. Jahrhunderts nicht nachließen. Immerhin hatte es schon in den 80er Jahren Wortmeldungen aus dem Ausland, will sagen Besprechungen in der Revue philosophi­que sowie in dem in London erscheinenden Periodikum Mind gegeben, und auch Fritz Sommerlad nimmt den subversiven Annihilisten ernst genug, um noch vor der Jahrhundertwende kommentierte Auszüge aus dessen handschriftlicher Autobiographie öffentlich zu machen; Walter Rauschenberger legt 1911 in den Süddeutschen Monatsheften mit Dokumenten „[a]us der letzten Lebenszeit Philipp Mainländers“ nach. Die Monographie Max Seilings, die er 1888 publiziert, macht schon in ihrem Titel Mainländer. Ein neuer Messias. Eine frohe Botschaft inmitten der herrschenden Geistesver­wirrung aus seiner Begeisterung kein Hehl und versteht sich als Weckruf an die deutsche Intelligen­zija, die gerade wieder im Begriff sei, „einen unserer großen Männer“9 zu verschlafen. Während sich für Seiling in Mainländer das Schicksal Schopenhauers, d.h. ein jahrzehntelanges Übersehen­werden, zu wiederholen droht, versucht Fritz Kormann in seiner Abhandlung Schopenhauer und Mainländer (1914) den Offenbacher Lebensmüden gerade aus dem Schatten des Frankfurter Wil­lensmetaphysikers zu lösen. Mainländers „Flucht [in das] absolute Nichts“10 sei nicht derivativ, viel­mehr unüberbietbar konsequent, wenngleich die Lehre querstehe zu den Anforderungen des wilhel­minischen Tatendrangs. Der aber scheint für die Multiplikatoren ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt abrupt auszusetzen, als die Materialschlachten des Ersten Weltkriegs Anschauungsunterricht in mainländeraffine Massenvernichtungsprozesse zu erteilen beginnen. Bis auf die Dissertation von Esther Mon-Hua Liang, die gemäß ihrem Thema Die Ethik der Schule Schopenhauers 1932 Main­länders Position den gebotenen Raum einräumt,11 und Gastauftritten bei E.M. Cioran ist Mainländer bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, so, salopp gesagt, weg vom (Wahrnehmungs-)Fenster der philosophischen Öffentlichkeit. „Er war“, schreibt Cioran an Jorge Luis Borges, „völlig in Vergessenheit geraten und ich bildete mir ein, der einzige zu sein, der sich noch mit ihm abgab.“12 Die Dinge scheinen mit Schopenhauers Güteklasse zwei ihr definitives Bewenden zu haben. Mainländer war ein „Wandelstern“, der vom Glanz des Schopenhauerschen Pessimismus zehrte und als sekundäre Lichtquelle nur über eine großzügig ausgelegte Zeitgenossenschaft hinwegzog: „ein Umlauf von einigen Jahren Dauer [war seine] Sache.“

Was in dieser Bestandsaufnahme allerdings ausgeblendet und unterschlagen wird, ist die gleichsam unterirdische Tradierung Mainländers durch Nichtphilosophen über die Durststrecke hin­weg. Die Aficionados des Nachdenkens, die im 20. Jahrhundert die Verkomplizierung ihrer Diszi­plin, das Spezialistentum und den Byzantinismus der Ismen obsessiv vorantrieben, schlugen sich Mainländer, der weder im Besitz der niederen noch der höheren akademischen Weihen war, nicht zuletzt wegen seiner ‚unprofessionellen‘ Schlichtheit aus dem Kopf. Die Künstler und Künstlernatu­ren, die im übrigen auch Schopenhauer durch seine zweite Okklusion hindurch über Wasser gehal­ten haben, aber lasen und empfahlen ihn untereinander weiter. Obwohl sich die literarischen Gaben Mainländers umgekehrt proportional zu seinen Ambitionen verhielten, war er in gewisser Weise doch Fleisch von ihrem Fleische und durfte da, wo er inspirierend wirkte, also als Mythopoet des großen Verkommens, auf ihre Solidarität hoffen. Dergestalt bildete sich eine Staffette von Fontane über Kubin, Josef Roth, Hans Carossa und den Japaner R. Akutagawa bis zu Borges und dem fran­kophilen aphoristischen Grenzgänger aus Hermannstadt. Sie liegt weiterhin im Zwielicht und ist bis heute unerforscht.

3. Mainländer, parallaxefrei und quasi-stellar

[Autoren als Fixsterne] allein sind unwandelbar, stehn fest am Firmament, haben eigenes Licht, wirken zu Einer Zeit, wie zur andern, indem sie ihr Ansehn nicht durch die Veränderung unse­res Standpunkts verändern, da sie keine Parallaxe haben. Sie gehören nicht, wie jene Andern, einem Systeme (Nation) allein an; sondern der Welt. Aber eben wegen der Höhe ihrer Stelle, braucht ihr Licht meistens viele Jahre, ehe es dem Erdbewohner sichtbar wird.13

Bei Mainländer ist sogar mehr als ein Jahrhundert verstrichen, bis er nach einem Debüt als kurzlebiger Shooting Star, dem Engagement als Fin-de-Siècle-Attraktion und einer prekären Durch­hangelei als Geheimtipp der schreibenden Zunft endlich arrivierte, d.h. zur fixen Größe am Nacht­himmel und Firmament der Philosophiegeschichte aufstieg. Diese erstaunliche Peripetie war kein Werk des Zufalls oder das Resultat höherer Gewalt in Form einer wie auch immer gearteten geistes­geschichtlichen Wiedergutmachung. Vielmehr gab und gibt es einen Star Maker (Olaf Stapledon) dem Philipp Mainländer seine Rehabilitation und Aszendenz zu verdanken hat, und er heißt, wie wir alle wissen, Dr. Winfried Müller-Seyfarth. Mit seiner Magisterarbeit von 1985 Der philosophische Pessimismus. Philipp Mainländers Philosophie der Erlösung im Blick auf Kant und Schopenhauer kam der Stein gleichsam wieder ins Rollen und das Sisyphos-Szenario vergeblicher Liebesmüh fand dabei erfreulicherweise keine Fortsetzung mehr. Im Gegenteil: Das Mainlän­der-Projekt Müller-Seyfarths wuchs sich immer mehr aus, und zwar als Erfolgsgeschichte. Und wenn darin hinter den Kulissen ein Kompensationsprinzip am Werk war, dann sorgte es dafür, daß der Pri­vatgelehrte und Thanatologe, der sich u.a. als ‚Senker‘, d.h. Inhaber eines Sargträgerunternehmens, finanzierte, hier Gelegenheit fand, einen Totgesagten und Verkannten wieder aus der Versenkung auftauchen zu lassen.

Die in überarbeiteter Form unter dem Titel Metaphysik der Entropie. Philipp Mainländers transzendentale Analyse und ihre ethisch-metaphysische Relevanz zur Jahrtausendwende veröffent­lichte Dissertation holte Mainländer in den akademischen Diskurs zurück; die Publikation der vier­bändigen Gesamtausgabe von 1996 bis 1999 legte Brückenköpfe in Seminar- und Universitätsbi­bliotheken an. Hier konnte der ‚Dampfmüller‘ und Gotteszertrümmerer Mainländer es denjenigen, die ihm wie Olga Plümacher den Rücken gekehrt hatten, gleich vierfach und mit Goldaufdruck ver­gelten und blieb doch unübersehbar. Der Unternehmer Müller-Seyfarth war und ist zu klug, um nur auf ein Pferd, auf das Pferd zu setzen, das vor dem Leichenwagen geht; er behielt zugleich den Be­wegungsdrang der Hinterbliebenen im Auge und investierte ins Taxi-Geschäft. Entsprechend hatte er auch als unermüdlicher Mainländer-Promoter noch eine zweite Trumpfkarte in der Hinterhand: sein Orga­nisationstalent. Das ermöglichte die Gründung der Mainländer-Gesellschaft, deren zehnjähriges Ju­biläum wir begehen, ihre Verankerung im kulturellen Leben Offenbachs, die Initiation der Schrif­tenreihe der Mainländer-Studien, weitere publizistische Aktivitäten sowie – in fruchtbarer Zusam­menarbeit mit der Schopenhauer-Gesellschaft – die Veranstaltung von Symposien und Vortragsrei­hen.

Man sieht, die Anstrengungen haben reichlich Früchte getragen, und es ist an der Zeit, auf einen dritten und nicht minder unverzichtbaren Erfolgsfaktor zu sprechen zu kommen, die Anste­ckungsgefahr nämlich, die von Winfried Müller-Seyfarth ausgeht. Um sie in Aktion zu zeigen, darf ich wohl kurz von meinen eigenen Erfahrungen mit diesem ‚Erreger‘ berichten. Mit anthropofugal geschwächtem Immunsystem – ich hatte mich 1983 gerade mit dem Untier in die friedensbewegten Nesseln gesetzt – kam ich mit ihm in Kontakt, genauer gesagt, er kontaktierte mich. Ich hätte in meiner Polemik einen wichtigen Verbündeten unterschlagen, ließ er mich wissen, Philipp Mainlän­der nämlich, und legte mir, zuvorkommend wie er ist, gleich eine Leseprobe bei. Zu meiner Schan­de muß ich gestehen, daß ich Mainländer damals nicht kannte, daß es mir aber immerhin nach ein paar Seiten Lektüre wie Schuppen von den Augen fiel. Hier war in der Tat der Kronzeuge, des­sen Vorladung der Streitschrift zusätzlich Rückhalt und das Optimum an Überzeugungskraft hätte verleihen können. War die Chance vertan? Ich mußte retten, was noch zu retten war, und entfaltete schon bald fieberhafte Aktivitäten; die Infektion nahm den schon unschwer absehbaren Verlauf. Als ich eines Morgens, wieder normal temperiert, aufwachte und nach meinem Schreibtisch sah, fanden sich da neben den Medikamenten, die rein gar nichts bewirkt hatten, ein Mainländer-Essay im FAZ-Magazin, eine Mainländer-Auswahl im Insel-Verlag, die inzwischen auch in spanischer Überset­zung vorliegt, und drei, vier einschlägige Aufsätze und Vorträge. Ich war dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind, oder halt, nein, der beharrliche Enthusiasmus Winfried Müller-Seyfarths hatte mich an die Kandare genommen und vor den in dezentem Trauerflor vorbeirollenden Wagen eines aufgebahrten Gottes gespannt, mich mit ziehen und mitziehen lassen.

Dabei war ich wahrlich nicht der einzige, dessen Publikationsliste die Bekanntschaft mit dem so lebenstüchtigen Berliner Bestattungsspezialisten erweitert oder neu akzentuiert hat und die in sei­nem Gravitationsfeld Sternzeichen zu lesen und zu deuten gelernt haben, denen sie vorher vielleicht als Ignoranten oder als Besserwisser begegnet wären. Neben den Namen, die sie in unserem Ta­gungsprogramm finden, nenne ich noch Franco Volpi (Padua), Fabio Ciraci (Lecce), Guido Rade­macher (Berlin), Tobias Dahlkvist (Uppsala), Torsten Lerchner (Würzburg), Michael Gerhard (Mainz). Und ich entschuldige mich bei denjenigen, die an chilenischen, spanischen, japanischen, brasilianischen und schweizerischen Universitäten damit befaßt sind, die Strahlkraft eines lesewüti­gen Bankkommis und per Immediatsgesuch zu den Fahnen geeilten Kürassiers zu vergrößern, und hier keine namentliche Erwähnung finden. Schon die Auflistung der Forschungsstätten macht aber die rasante Internationalisierung der Mainländer-Forschung augenfällig. Während in dem Sammel­band Was Philipp Mainländer ausmacht von 2002 bis auf Volpi nur deutsche Beiträger firmierten, gab es in der Dokumentation des Offenbacher Mainländer-Wettbewerbs Anleitung zum glücklichen Nichtsein (2006) immerhin schon zwei Stimmen aus dem Ausland, wobei eine dem Preisträger Da­mir Smiljanic gehörte. Heute, zehn Jahre später, hat sich die Relation umgekehrt, denn auf diesem Symposion sind Mainländers Landsleute unübersehbar in der Minderheit. Damit kann, um die For­mulierung Schopenhauers aufzugreifen, der zügige Abbau einer pathologisierenden Parallaxe als nahezu abgeschlossen gelten. Mainländer, einst als verschrobener Sonderling gehandelt, der von zwangsneurotischen patriotischen Schüben heimgesucht wurde, hat sich zum ernsthaften Ge­sprächspartner und Weltbürger gemausert.

Aber ich kann mir nicht helfen. Obwohl ich diese erstaunliche Metamorphose rückhaltlos be­grüße und als Überzeugungstäter mein Scherflein dazu beigetragen habe, ist mir bei der Erhebung Mainländers unter die philosophischen Fixsterne nicht ganz wohl. Die Gründe waren mir zunächst rätselhaft und ich habe einige Zeit gebraucht, bis mir ein (anderes) Licht aufging. Jetzt, denke ich, kann ich erklären, was mich stört. Fixsterne sind im Prinzip wie unsere Sonne – nur Lichtjahre und Lichtjahre entfernt. Es gibt sie in sehr unterschiedlichen Größen und Ausführungen. Astrophysik und Astronomie belehren uns, daß es bei der Entstehung von Sonnensystemen so rabiat zugeht wie im Sandkasten und Materie so lange verbacken und wieder zerstreut und verpulvert wird, bis endlich die kopernikanische Wende erfolgt und sich Trabanten stabilisieren, die sich teilweise ihrerseits Trabanten zulegen. Obwohl ganze Galaxienregionen wie die Mehrzahl der Sterne lebensfeindlich sind und auch unsere Sonne Stoffwechselkonzessionen nur für ein schmales Band in der Rotationsebene ihrer Planeten ausstellt, gilt sie als Lebensspenderin par excellence, war über weite Strecken der Menschheitsgeschichte Gegenstand religiöser Verehrung und funktioniert in einer Schwundform dieses Kults weiterhin als Motor der Tourismusindustrie. Die überaus positive Besetzung unseres Zentralgestirns und die kaum weniger verläßliche romantische Aufladung des nächtlichen Sternenzeltes mit seinem astralen Gefunkel kollidieren aber nun auf eklatante Weise mit einer Philosophie, für die der Kosmos einen gigantischen Schredder darstellt und als ungeheuerliche Vernichtungsmaschine, als Apparatur zur irreversiblen Vergrößerung von Unordnung und Erhöhung der Entropiebilanz durchschaut werden will. Für Mainländer hat das All die Schwindsucht, und es wäre der Präsentation dieser in der Tat radikal pessimistischen, wenngleich für ihren Verfechter keineswegs trostlosen Sichtweise förderlich, wenn man sie an eine, sagen wir, kongenialere Himmelserscheinung zurückbinden könnte als den direkten oder distanzierteren Sonnenschein.

Gibt es so etwas wie die Inversion des Sterns zu Bethlehem, den Unstern des Philipp Mainlän­der also? Mainländer selbst hat so wenig davon geahnt wie sein Lehrer Schopenhauer, denn erst 1960 ist ein Verdacht zur Gewißheit geworden, und zwar mit der Entdeckung des ersten Quasars, d.h. einer quasi-stellaren Radioquelle, am Parkes-Teleskop in Australien. Seither treiben diese monströsen Gebilde vor allem die Astrophysiker um, die das atemberaubende Geschehen theore­tisch in den Griff zu bekommen versuchen. Als Laien vertrauen wir uns hier besser der Führung des Lexikons der Astronomie an, in dem es u.a. heißt:

Zur Erklärung der Leuchtkraft der Quasare postuliert [die derzeit favorisierte Theorie] im Zen­trum der [es] umgebenden Quasar-Galaxie ein Schwarzes Loch, [das] dort durch ‚Verschlucken‘ von Gaswolken und Sternen weiter anwäch[st]. […] Die leuchtkräftigsten Quasare […] müßten ungefähr jedes Jahr einen Stern verschlingen, was angesichts der dichten Zentren von Galaxien durchaus möglich ist. Jeder verschluckte Stern erhöht die Masse des schwarzen Lochs um [sei­ne] Masse. Zeitlich rückwärts betrachtet, erscheint es möglich, daß [das Schwarze Loch] ur­sprünglich sehr klein war, vielleicht der Überrest eines einzelnen massereichen Sterns aus der Frühphase der Galaxienentwicklung.14

Daß ich bei meiner Recherche auf wenig vertrautem Terrain auch auf die sogenannten Seyfert-Galaxien gestoßen bin, die doch anheimelnd vertraut klingen und wie die Quasare zur Klasse der aktiven Galaxien rechnen, erwähne ich hier nur en passant und als gutes Omen. Der Wiedererken­nungseffekt wurde dadurch nur verstärkt. Ein Schwarzes Loch, das als Schwerkraftfalle soviel Welt vernichtet, wie es nur irgend kann, und nur deshalb leuchtet, weil die hineinstrudelnde Materie sich aufheizt und dabei Licht und andere elektromagnetische Strahlung ausstößt wie Todesschreie – das ist in der Tat astrophysikalischer Anschauungsunterricht, was die Selbsterosion des lebensmüden Mainländerischen Demiurgen betrifft, der sich wegen des Handicaps seiner Omnipotenz auf die Strategien der Selbstkannibalisierung und „universalen Schwächung der Kraft“ zurückgeworfen sieht. Die Völlerei des Nichts, wie sie ein Black Hole praktiziert, wäre somit die ultimative Form des Gottesdienstes. Mainländer zelebriert diese Messe, improvisiert sie, weil es noch keine Parabol­spiegel, Weltraumteleskope, noch keine Rechner gab, die ihm die Liturgie hätten ausdrucken kön­nen. Fast vier Generationen hat es gebraucht, bis er in den Sternen stand. Jetzt sehen wir genauer hin, und ein quasi-stellares Objekt erscheint auf dem Schirm. Aus den Tiefen des Alls, das es speist, unablässig, allerorten, bis ans Ende seiner Tage, strahlt uns die Vernichtung an, leuchtet uns der Mahlstrom heim.

4. Heller zum Batz(en)

Ich gestatte mir noch eine als Anregung gedachte Nachbemerkung, die auf der Verwunderung dar­über basiert, wie sehr sich das natur- und kulturwissenschaftliche Weltbild in den letzten Jahrzehn­ten mainländerisiert hat, ohne daß die beteiligten Parteien, also die Mainländer-Interpreten auf der einen und die Bewohner des szientifischen Paralleluniversums auf der anderen Seite merklich dar­auf reagiert hätten. Nun ist es sicherlich verdienstvoll, die geistesgeschichtlichen Wurzeln des Mainländerischen Denkens freizulegen und die Autoritäten und Souffleure zu identifizieren, deren es sich bedient. Aber Mainländer war mehr als ein menschliches Datenverarbeitungssystem. Er war eine intuitiv-divinatorische Natur, d.h. er reagierte auf sich erst schemenhaft abzeichnende Entwick­lungen und war empfänglich für dissonante oder häretische Unterströmungen. In dieser Hinsicht er­innert er zum Beispiel an einen Giordano Bruno, der sich bei seiner Aufsprengung des geozentri­schen Sphären-Kosmos und radikalen Entgrenzung des Alls noch kaum auf empirische Evidenzen berufen konnte. Oder an Edgar Allan Poe, der in seinem auf 1848 datierten Prosagedicht Eureka das Universum zwischen dem pulsieren ließ, was zertifizierte Kosmologen erst vor wenigen Jahrzehnten als Big Bang und Big Crunch durchzurechnen begannen.15 Und nicht zuletzt wegen dieses antizipatorischen Talents wirkt Mainländer schlicht, naiv oder mit Lessing „fast kindlich primitiv“. Als Autodidakt mit dem aktuellen Forschungsstand nicht wirklich vertraut und von jeder cutting edge mehr als eine Handbreit entfernt, versucht er das vorzuformulieren, was übermorgen den Forschergeist fesselt und die Gemüter bewegt. Ein Ding der Unmöglichkeit? Machen wir nach der Astrophysik in drei weiteren Bereichen und mit Verweis auf eine Handvoll anschlußfähiger Publikationen die Probe aufs Exempel, um unsere Konvergenzthese ein Stück weit zu untermauern.

Wir beginnen mit der Paläontologie und Biologie und Richard Leakeys The Sixth Extinction (1995). Dieses erfolgreiche Sachbuch eines führenden Paläoanthropologen nimmt die irdische Evo­lution nicht mehr nur einäugig als Garant luxurierenden Lebens wahr, sondern betont in ganz er­staunlichem Maße den Lebensverschleiß und die groteske Verschwendung der vitalen Ressourcen, die die Kehrseite der Medaille darstellen:

Some thirty billion species are estimated to have lived since multicellular creatures first evol­ved, in the Cambrian explosion. According to some estimates, thirty million species populate today’s Earth. This means that 99.9 per cent of all species that have ever lived are extinct. As one statistics wag put it, „To a first approximation, all species are extinct.“16

Erneut drängt sich das Bild vom Mahlstrom auf, einem planetarischen Fleischwolf, wie ihn auch Schopenhauer und Mainländer in Aktion sahen. Nur daß er für Leakey und seine Kollegen längst nicht mehr gleichförmig läuft, sondern seine Umdrehungszahl ab und an ins Frenetische stei­gert. Die Forschung kennt inzwischen fünf große Faunenschnitte, d.h. Gipfel des Artensterbens und der Annihilation, in denen z.B. an der Grenze zwischen den Erdzeitaltern des Trias und Perm das Gros aller im Meer existierenden Arten ausgelöscht wurde. Die Auslöser für diese rekurrenten Amokläufe sind umstritten und reichen von einschneidenden Klimaveränderungen über erhöhten Vulkanismus bis zu massiven Meteoriteneinschlägen wie dem, dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Dinosaurier zum Opfer gefallen sind. Der Verursacher der sechsten sich ge­rade vollziehenden Auslöschung aber, die dem Buch den Titel gab, ist eine noch nie dagewesene Naturkatastrophe namens ‚Krone der Schöpfung‘:

We arrived late on the evolutionary scene and at a time when the diversity of life was near its all-time high. And […] we arrived equipped with a capacity to devastate that diversity wherever human populations traveled. […] Extinction [at the current rate] is easily comparable with the Big Five biological crises of geological history, except that this one is not being caused by glo­bal temperature change, regression of sea level, or asteroid impact. It is being caused by one of Earth’s inhabitants. Homo sapiens is poised to become the greatest catastrophic agent since a gi­ant asteroid collided with Earth sixty-five million years ago, wiping out half the world’s species in a geological instant.17

Mainländers Intuition, daß der Mensch als Entropievermehrer und Kurzschließer von Energie­strömen und Generationenfolgen auf Erden seinesgleichen sucht, findet hier von unvermuteter Seite eine eindrückliche Bestätigung. Und noch spektakulärer wird die Konvergenz zwischen seiner oft ungelenken philosophischen Skizze, in der die Menschheit als Sperrspitze der universalen auto­destruktiven Bewegung ins Nichts erscheint, und den aktuellen Forschungsergebnissen einer Sozio­logie und Psychologie, denen die intraspezifische Aggression zu einem Forschungsgegenstand von besonderem Gewicht und hoher Dringlichkeit geworden ist.

Was die Gewaltbereitschaft gegenüber Artgenossen angeht, kann uns kein Raubtier und kein Primat das Wasser reichen. Eine Schimpansenhorde prügelt das Mitglied eines benachbarten Clans zu Tode, das den Anschluß an die eigene Gruppe verloren hat; ein zum Alpha-Tier aufgestiegenes Löwenmännchen beißt die von seinem Vorgänger gezeugten Jungen tot; Homo sapiens dagegen schlachtet sich inzwischen in industriellem Maßstab millionenfach ab. In seinem Traktat über die Gewalt (1996) kommt Wolfgang Sofsky zu dem Schluß, daß dieses blindwütige Vertilgen keinen Ausrutscher und Betriebsunfall darstellt, sondern zur Grundausstattung des Kulturwesens Mensch gehört:

Gewalt ist der Kultur inhärent. […] Sie wird mit Gewalt durchgesetzt und aufrecht erhalten; und sie stellt den Menschen die Mittel der Zerstörung zur Verfügung. Fern davon, das Gat­tungswesen in einem moralische Fortschritt umzuformen, vervielfacht die Kultur das Potential der Gewalt.18

Drastisch gesagt gehört die Mordlust zu unser aller Mitgift und psychomentalen Standardaus­rüstung und ist in ganz bestimmten situativen Kontexten mit erstaunlicher Verläßlichkeit aktivier­bar. Dem ungläubigen Thomas, der blutbefleckte Hände mit seinem Selbstbild als Unschuldslamm und Friedensengel nicht zusammenbekommt, sei die Lektüre von James Wallers Untersuchung Be­coming Evil. How Ordinary People Commit Genocide and Mass Killing (2002) ans Herz gelegt. Nach einer Reihe von Fallbeispielen, die die Verwandlung von unauffälligen und sadistischer Nei­gungen ganz unverdächtiger Mitmenschen in „willige Vollstrecker“ von Massenvernichtungspro­grammen vorführen, resümiert Waller:

As we look at perpetrators of extraordinary evil, we need no longer ask who these people are. We know who they are. They are you and I. There is now a more urgent question to ask: How are ordinary people, like you and me, transformed into perpetrators of extraordinary evil?19

Der zweite Teil des Buches befaßt sich mit der Beantwortung dieser Anschlußfrage und entwi­ckelt eine „unified theory“, die unseren Untatendrang und unser Bosheitspotential ebenso in Rech­nung stellt wie das komplexe Zusammenspiel der Auslöser von Ethnozentrismus und Fremden­feindlichkeit über ‚Kulturen der Grausamkeit‘ bis hin zum sozialen Tod der Opfer, der ihrem fakti­schen in der Regel vorausgeht, und der den Ausgelöschten unterstellten Verantwortung für die ‚Not­wehr‘ der Schlächter.

Das Sich-Anöden und Zu-Tode-Langweilen in einer weltweiten Wohlstandszone, das dem So­zialisten Mainländer als Bedingung der Möglichkeit des selbstbewirkten Gattungsexitus vor­schwebt, ist also eine weltgeschichtlich höchst unwahrscheinliche Option. Es geht auch ohne Gähn­krämpfe und Schlaraffenlandexkursionen. Wie, erfährt man in meiner vorletzten Buchempfehlung, John Leslies The End of the World. The Science and Ethics of Human Extinction (1996). Der Autor arbeitet mit einer ganzen Palette von Katastrophenszenarien, die zunächst grob in „natural disas­ters“ und „man-made disasters“20 unterteilt werden. Da im Referenzrahmen der Mainländerschen Philosophie der Erlösung vor allem die zweite Kategorie interessiert, darf man festhalten, daß dem einschlägigen Aktionismus hier sieben schon sattsam bekannte Selbstauslöschungsofferten von AB­C-Waffen bis zur letalen Umweltverschmutzung zur Verfügung stehen, von den acht sozusagen noch in den Kinderschuhen steckenden Unheilsstiftern – Gen- oder Nanotechnologie etwa oder fol­genschwere agroindustrielle Mißgriffe – ganz zu schweigen. Die fast peinliche Wortkargheit, mit der Mainländer „das ‚große Opfer‘, wie die Inder sagen“21 umkreist, weil sich auf dem technologi­schen Leistungsstand des späten 19. Jahrhunderts noch kein wirklich plausibles Aussterbefenster öffnen läßt, hat zu Beginn des 21. einem Überangebot an High-Tech-Weltentvölkerungsmethoden Platz gemacht, das einem in erstaunlicher Wiederannäherung an die ’no comment‘-Position unseres Erlösungsphilosophen erneut die Sprache verschlägt.

Das letzte Wort überlassen wir deshalb der Archäologie, die diesmal allerdings nicht in die Ver­gangenheit schaut, sondern aus der fernen Zukunft auf eine fossilierte Gegenwart zurückblickt. Sie ist wie auf ein geheimes Stichwort fast zeitgleich und im Doppelpack zu Buche geschlagen, näm­lich mit Alan Weismans The World without Us (2007) und Jan Zalasiewiczs The Earth after Us. What Legacy Will Humans Leave in the Rocks? (2008). Und auch diese Rückblenden holen uns da ab, wo Mainländer seine Ratlosigkeit kaum kaschiert. In der Philosophie der Erlösung wehrt er sich gegen die Überdramatisierung des Gattungsendes als Showdown mit unmittelbaren kosmischen Konsequenzen. Weil sich „dieses Weltall […] durchgängig in gewaltigster Tension [befindet und] kein schlaffes, läppisches, armseliges sogenanntes Unendliches [ist]“,22 beharrt er aber darauf, „daß der Abgang der Menschheit von der Weltbühne [im Endeffekt und à la longue] Wirkungen haben wird, welche in der einen und einzigen Richtung des Weltalls liegen.“23 Weisman und Zalasiewicz sind sich da nicht so sicher; vielmehr nehmen sie sich das Recht heraus, zu widersprechen. Aus ihrer fiktiven Retrospektive ist das Anthropozän eine zwar markante Episode gewesen, aber die Wunde vernarbt, ohne das Ökosystem Erde in seiner Existenz zu gefährden.

For a sense of how the world would go on without us, among other places we must look to the world before us. […] Since some things we have done are likely irrevocable, what would re­main in our absence would not be the same planet had we never evolved in the first place. Yet it might not be so different either. Nature has been through worse losses before, and refilled em­pty niches.24

Noch einmal: Mainländer hat uns mit seiner Erlösungsphilosophie nicht eben die leichteste Kost aufgetischt; gleichwohl sollten seine Exegeten den Blick über den Tellerrand nicht scheuen und den außerphilosophischen Forschungsstand zur Kenntnis zu nehmen. Und nicht nur da, wo er sich wie eine Fortschreibung und Präzisierung der Philosophie der Erlösung liest. Vielleicht noch wichtiger ist es, das bei Mainländer bisweilen zugunsten eines – man verzeihe mir das Wortunge­tüm – anthropo-katalytischen Interventionismus abgedunkelte kosmische Selbstläufertum wieder in seine Rechte einzusetzen. Ist vor dem Hintergrund von fast vierzehn Milliarden Jahren Weltge­schichte nicht jede Zuschreibung einer Erlöserrolle an die eigene Gattungsadresse megaloman? Wird ‚Mutter Erde‘ uns Riesenzwerge im fortgesetzten Störfall nicht lässig zurechtzustutzen wissen oder im Zweifel ganz auswischen? Pikanterweise vielleicht ausgerechnet dann, wenn wir im öko­philen Büßergewand vor die Kameras treten, um mit falscher Zerknirschung wieder einmal richtig in die Hände zu spucken und zu renaturieren, was das Zeug hält?

1 Winfried H. Müller-Seyfarth (Hg.), „Die modernen Pessimisten als décadents“. Texte zur Rezeptionsgeschichte von Philipp Mainländers Philosophie der Erlösung. Würzburg: Königshausen & Neumann 1993, S. 79.

2 Arthur Schopenhauer, Werke in zehn Bänden, hg. Arthur Hübscher. Bd. X. Wiesbaden: Brockhaus 1972, 497-523, hier S. 498.

3 Ebd.

4 Winfried H. Müller-Seyfarth (Hg.), a.a.O., S. 31.

5 Ebd., S. 34f.

6 Ebd., S. 27.

7 Ebd.. S. 131.

8 Schopenhauer, a.a.O.

9 Zit. Müller-Seyfarth 1993, S. 16.

10 Zit. ebd.

11 Ebd., 64-75.

12 Ebd., S. 122.

13 Schopenhauer, a.a.O.

14 Lexikon der Astronomie. Bd. 2. Heidelberg: Spektrum 1995, S. 158f.

15 In Eureka finden sich so erstaunliche Sätze wie: „The process […] will be renewed forever […] a novel universe swelling into existence, and then subsiding into nothingness, at every throb of the Heart Divine“, die eines der heute ernsthaft diskutierten Weltmodelle auf den poetisch-metaphorischen Punkt bringen.

16 Richard Leakey, Roger Lewin, The Sixth Extinction. London: Weidenfels & Nicolson1996, S. 39.

17 Ebd., S. 232/241.

18 Wolfgang Sofsky, Traktat über die Gewalt. Frankfurt: Fischer 1996, S. 217.

19 James Waller, Becoming Evil. How Ordinary People Commit Genocide and Mass Killing. Oxford: Oxford Universty Press 2002, S. 133.

20 John Leslie, The End of the World. The Science and Ethics of Human Extinction. London: Routledge 1996, S. 5ff.

21 Philipp Mainländer, Philosophie der Erlösung, hg. Ulrich Horstmann. Frankfurt: Insel 1989, S. 70.

22 Ebd., S. 71.

23 Ebd., S. 72.

24 Alan Weismans The World without Us, London: Picador, S. 4f.

Als Vortrag auf dem Offenbacher Mainländer-Symposium, 7.10.2016