Ausgewiesene Experten. Kunstfeindschaft in der Literaturtheorie des 20. Jahrhunderts. (2003)
„Der Alptraum beginnt mit der Verkehrung der poetic zur poetical licence, der Verwandlung dichterischer Freiheit in die Willkür der Kommentatoren; und wie von selbst wächst er sich zu einer grotesken Fastnacht aus. Denn haben wir in den vergangenen Jahrzehnten etwa nicht die tollen Tage der Theorie erlebt? (…) Führte nicht eine höhere Narretei das Regiment, die sich in immer grelleren Kostümierungen und konzeptuellem Mummenschanz gefiel?“
Ausgewiesene Experten. Kunstfeindschaft in der Literaturtheorie des 20. Jahrhunderts. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 2003.
Pressestimme
Wer mit Horstmann genauer hinsieht, der könnte bemerken, dass hinter der Fassade des hoch spezialisierten Sachverstandes und der philologischen Imponierrhetorik das autistische Selbst- und Irrläufertum der Metadiskurse am Werk ist. Über ihre wahnhafte Theorieproduktion hat die Literaturtheorie den Gegenstand ihrer Bemühungen – die Literatur – nämlich längst aus dem Blick verloren. (…) Ein Leichenbegängnis (…) zelebrieren die postmodern monologisierenden Experten, indem sie den Autor aus der Interpretationspraxis entfernen, um den Platz des werten Verblichenen gleich anschließend wieder neu zu besetzen: durch die zur Kunstform stilisierte Wissenschaftsrhetorik selbst. Wo einst dichterische Freiheit herrschte, plappern die gelehrten Kommentatoren, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist – willkürlich, ohne Rücksicht auf Begriffsdefinitionen und Begründungen. (…) Auch wenn der „Fachmann“ Gefahr läuft, zum „Flachkopf“ zu werden, kann Horstmann aus seinem ernüchternden Befund noch Funken der Hoffnung schlagen. Zum Beispiel, indem er zwecks Austreibung der papiernen Theoriegespenster Auskunft bei drei Insidern (David Lodge, Terry Eagleton und Malcolm Bradbury) einholt, denen die literarische Primärerfahrung noch nicht unter den Füßen weggebrochen ist. Und die sich, nicht anders als auch ihr Gießener Fürsprecher, aufgrund ihrer Doppelbegabung unversehens zwischen den Stühlen wiederfinden. Die rare Spezies der Schriftstellerwissenschaftler zeigt, wie die arrivierte Philologie von ihrem hohen Roß heruntersteigen und theoretisch „absatteln“ könnte. In dieser Demutshaltung erst würde sie den Kunstwerken die verdiente Hochachtung und Bewunderung zollen und sich – wer weiß – vielleicht auch der von Horstmann mit funkelndem Sprachwitz vorgetragenen Selbstironie befleißigen.
Frank Müller: Literaturwissenschaft ohne Literatur. In „Ausgewiesene Experten“ verteilt Horstmann Kopfnüsse an philologische Zunftgenossen. In: Gießener Anzeiger, 27.5.2003.